Interview des Climate Change Center Berlin Brandenburg | Drei Fragen an…
Frau Dr. Gisela Nauck stellt die Absichten, Ziele und Visionen der Klanglandschaften vor. Lesen Sie hier!
2. Klanglandschaften en miniature: Musik sehen — Natur hören: 12.–20. Juni 2021
Musiker, Publikum, Bürgermeister und Pfarrer waren glücklich: Trotz der noch geltenden Corona-Einschränkungen war es gelungen, mit dieser zweiten Ausgabe die „Mühlenbecker Klanglandschaften“ in dem kleinen Dorf nördlich von Berlin weiter zu etablieren. Ein halbes Jahrhundert ist es jetzt her, dass der Maler, Architekt und Umweltschützer Friedensreich Hundertwasser einen Friedensvertrag mit der Natur forderte – die „Klanglandschaften: Musik sehen & Natur hören“ wollen ihren Teil zu diesem Friedensvertrag beizutragen.
Wichtige Programmteile mussten allerdings – coronabedingt – auf 2022 verschoben werden, so der ganze Sonntag in den renaturierten Rieselfeldern von Hobrechstfelde von früh um zwei bis abends um zehn Uhr mit „Zwitschermusik“ und „Sechsfüßlermusik“; die Uraufführung der DorfLandschaftsKomposition „klang.wandel“ von Ralf Hoyer wie auch das Konzert des Kammerensembles der Leo Kestenberg Musikschule Berlin am Summter See mit einer Uraufführung von Olga Rajeva. Auf die 3. „Klanglandschaften: Mühlenbeck Hobrechtsfelde“ kann man also schon gespannt sein.
Nicht nur Maler, sondern auch Komponisten haben die Natur schon immer als Inspirationsquelle geschätzt. Doch erst in jüngerer Zeit sind – vor allem als Reaktion auf den Klimawandel – neue Formate entstanden. Musik kann musikalische Resonanz auf konkrete Landschaften sein, sie nutzt geologische und klimatische Prozesse und formt diese musikalisch als Datensonifikation, sie baut aus dem akustischen Material der Gletscherschmelze Kompositionen oder lässt die Stimmen ausgestorbener Vögel wieder lebendig werden. Das Programm vom 12.–19. Juni – obwohl „en miniature“ – baute darauf auf, nicht zuletzt, in dem es solcherart neue Konzertformate anregte.
Bereits eine Woche im Vorfeld waren zwei Klanginstallationen „inside“ und „outside“ der Mühlenbecker Dorfkirche zu erleben: „Witterungsinstrumente“ von Volker Staub und die beiden Klängematten zwischen den alten Kastanien „Raumschiff Erde“ von Andre Bartetzki. Für die „Witterungsinstrumente“ hatten Regen, Wind und Hagel auf Objekten aus Porzellan, Metall und Glas das Klangmaterial bereitgestellt. Gleich einer Mahnung eröffnete Volker Staubs Solo-Performance Zerstückelung des Regenbogens das Festival innerhalb dieser Klanginstallation. Die Klängematten wiederum transformierten Messdaten von seismischen Aktivitäten des Erdbodens und des interplanetaren Magnetfelds in Klang und Vibration: Himmel und Erde – Naturereignisse als Klangerlebnis.

Im Konzert für Baumstämme, Steine und Gibbons-Gesänge waren Naturobjekte eigenwillig klingende Instrumente, während der Gesang von Primaten zum ernst zu nehmenden Improvisationspartner wurde. Zugleich war dieses Konzert ein coronabedingtes Experiment für das gemeinsame Musizieren von anwesenden und abwesenden Musikern. Denn das Duo Ivo Nilsson (Posaune) und Jonny Axelsson (Percussion) aus Stockholm konnte nicht anreisen. Sie hatten zwei Stücke vorproduziert – angeregt durch das Thema des Festivals inmitten der schwedischen Wälder – und eines – Christian Wolffs „Stones“ – in und mit einer Felslandschaft. Vor Ort spielten der Schlagzeuger Alejandro Sarregui und der Komponist und Musiker Volker Staub, korrespondierend mit den in der Mühlenbecker Dorfkirche abgespielten Videos. – Peter Ablingers sogenannten Hörlupen – Kopfhörer mit Mikrophonen – ließen erkennen, was sonst verborgen bleibt. Professor Kaspar Bienenfeld vom Länderinstitut für Bienenkunde Hohen Neuendorf referierte in seinem Vortrag über die Situation der Bienen in Zeiten des Klimawandels. Enrico Stolzenburg ließ mit seinem Klangparcours für 30 mobile Lautsprecher einen scheinbar bekannten Waldsee akustisch neu erleben. Und beim konzertanten Trialog der Stimmperformerin Ute Wassermann, der Flötistin Sabine Vogel und des Trompeters Mazen Kerbaj im Abschlusskonzert verschmolzen schließlich Vogelgesang, Schilfrauschen und die Seelandschaft im Abendlicht – bei drohendem, aber vorbei gezogenem Gewitter – und die darin eingebettete, hochartifizielle Improvisationskunst zu einer neuen Art von Gesamtkunstwerk.
Rückblick 2019:
24.5.2019, ab 14.00 Uhr: Prolog vor der Dorfkirche Mühlenbeck: Xenakis – Psappha mit Texten aus Papst Franziskus‘ Umwelt-Enzyklika – Chorkonzert Beobachten, Zuhören, Reagieren mit Kompositionen von Brandmüller, P.H.Lang (UA), Cardew, Oilveira (Enikö Ginzery: Cymbalom; Chor und Leistungsgruppe Musik des Georg-Herwegh-Gymnasiums Hermsdorf, Ltg. Ludger Kisters) – Klangparcours Überraschen mit dem Ensemble Atonor und Klangskulpturen von Erwin Stache – Film Wintermusic und Wassererinnerungen (Uli Aumüller/Sebastian Rausch) – Podiumsgespräch Die Kunst der Wahrnehmung – Abendkonzert Wasserlandschaften mit Werken von L. Kisters, H. Tulve, L. Nono, K. Saariaho, G. Eckert, S. Nešić (Ensemble Reflexion K) 25.5.2019, ab 4.00 Uhr: Vogeluhrwanderung (Ltg. Tim Peschel) – Konzert Feier der Natur am Summter See mit Werken von Vivaldi, Playford, Telemann (lautten compagney BERLIN) – WaldführungAlarmzeichen (Ltg. Tim Peschel) – LuftkonzertRauschen Hören Singen auf einer Waldlichtung (Teodoro Anzellotti, Tizian Zimmermann, Kalle Moberg, Akkordeon) – Music-Parcours Nähe und Ferne (MÄN A KOR Schönwalde) – Abschlusskonzert am Summter See Die unbeantwortete Frage mit Werken von Ch. Ives, N. Pschenitschnikowa, T. Murail, P. Ablinger (UA), G. Eckert (Streicher + Bläsergruppe der Kreismusikschule Oberhavel, Ltg: G. Eckert, P. Hübner (Trompete), B. Wagner (Flöte), Flötenquartett U. Weiler, Ensemble Partitions & Resonances (Ltg. Johnny Chang).
Ausblick 2022:
24.6. Summter See: Peter Köszeghy, „Totholz“. Klangwerk aus und mit den Wäldern“, eingebettet in eine Textperformance aus “Das geheime Leben der Bäume” von Peter Wohlleben — Konzert: “Madrigal für eine Grille mit Saitenspiel” mit Werken von Olga Rajewa (UA), Michael Parsson, Konstantia Gourzi, Charles Ives und dem Kammerorchesters der Leo Kestenberg-Musikschule Schöneberg, Ltg. Alexander Ramm
25.6. Mühlenbeck: Ralf Hoyer, “klang.wandel”: Dorflandschaft(s)Komposition für 60 Bläser und Orgel (UA) mit dem Jugendblasorchester Kleinmachnow, Ltg. Martin Aust — Vortrag und Film: “Vom Zustand unserer Wälder” — KNM Berlin: “Ökologischer Fußabdruck” — Klangparcours um eine Wiese” — Klangmeditation zum Sonnenuntergang mit der Physiotherapeutin Nadine Hardt
26.6. Ein Tag um den Kornspeicher Hobrechtsfelde Vogelstimmenwanderung in der Frühe — Zwitschermusik (UA) immersive Klangwolke für 150 Kehlköpfe von Deborah Carruthers , S. Bhagwati — Sechsfüsslermusik (UA) für 60 tragbare Blasinstrumente von Sandeep Bhagwati — Recital Carolin Widmann zum Sonnenuntergang — eine einsame Geige auf weiter Flur — Naturführungen, Workshops, Gespräche u.a.m.
Veranstaltet werden die “Klanglandschaften” von der Projektgruppe Musik im Förderverein Naturpark Barnim: Dr. Gisela Nauck, Uli Aumüller, Elke Moltrecht, Dag Lohde, Nina Rohlfs und Paul Hübner mit Unterstützung der Gemeinde Mühlenbecker-Land.
Kontakt: klanglandschaften